Cirque de noël Moudon 2022

Premiere des Cirque de noël de Moudon 2022

Traditionsgemäss eröffnet der Cirque Helvetia seinen Weihnachtszirkus kurz vor den Festtagen. Dieses Jahr fand die Premiere zum 19. Circque de noël am 23. Dezember statt. Die Spielzeit dauert bis zum 8. Januar 2023 mit total 29 Vorstellungen.

Das Gradin ist am Premierenabend bis zum letzten Platz gefüllt. Die Stimmung ist erwartungsvoll. Und das zu Recht, denn am Schluss der fast zweieinhalbstündigen kurzweiligen Vorstellung werden sich die Zuschauer mit einem langanhaltenden Applaus für die hochstehenden Darbietungen bedanken.

Nach dem Eingangscharivari startet Fabrice Lanoy seine Antipodenspiele mit einem brennenden Requisit, das er auf seinen Füssen rotieren lässt. Es folgen rassige Wechsel mit Fussbällen, Rollen und Reifen, bis er sich als Schlusstrick von der Trinka aus in die Höhe ziehen lässt, während er Reifen und Tücher rotiert.

Ebenfalls in die Luft ziehen lässt sich am Schluss seiner Nummer mitsamt einem Teil seiner Batterie auch der Schlagzeuger Claude Bussard. Nachdem seine Darbietung bereits mit einem rassigen Schlagzeugsolo begonnen hat, wird es immer rasanter. Zuerst mit artistischen Einlagen in der Schlagtechnik. Später tanzen Flammen über die Toms und farbig beleuchtete Wasserfontänen spritzen von den Trommelfellen auf. Dazwischen finden sich ruhigere Momente, zum Beispiel als er auf den Toms mit den Händen das Lied «Il est né le divin enfant» erklingen lässt, welches das Publikum sofort mitsingt.

Luftnummern sind beim Cirque Helvetia immer in grösserer Zahl zu finden. Brigitte Maillard zeigt ihre kontorsionistischen Fähigkeiten an Luftringen und Strapaten mit flüssig wechselnden und wirkungsvollen Figuren, mit scheinbarer Leichtigkeit und beeindruckender Beweglichkeit. Anaïs Maillard, Schwiegertochter von Brigitte Maillard, und Svenja Grivat arbeiten mit sehr synchronen Bewegungsabläufen als Luftgymnastik-Duo am Lüster. Leider muss die zweite angekündigte Darbietung von Anaïs Maillard zusammen mit ihrem Sohn Tristan am hängenden Stern ausfallen, weil der Junge krank geworden ist. Dennoch war die dritte Generation Maillard durch Simon im Programm vertreten. Seine verschiedenen Ballancen auf einem Leitergestell und an zwei freistehenden Leitern haben seit seinen Anfängen deutlich an Sicherheit gewonnen. Eine weitere Luftnummer erleben wir von den Luftakrobaten Olena Popova und Maksym Tykhoniak am Fangstuhl. Ihre Darbietung ist voller wagemutiger Tricks, rasant und elegant ausgeführt.

Maksym Tykhoniak haben wir bereits im ersten Programmteil erlebt. Seine Glasbalancen, welche er ruhig und sicher ausführt, lassen die Schwierigkeit der Tricks vergessen. Zum Beispiel, wenn der Luftballon zwischen dem Messer im Mund und dem Kerzenleuchter darauf platzt und der fallende Leuchter mit dem Messerrücken aufgefangen wird.

Pauline Deschenaux strahlt Leichtigkeit und Eleganz aus, wenn sie ihre kraftfordernden Figuren an der Pole Stange ausführt. Sie wird von der Lichtregie eindrucksvoll «ins rechte Licht gerückt».

Die Hula-Hoop-Darbietung von Amandine Brunaud-Robin folgt ganz dem Rhythmus der Musik und besticht durch unterhaltsame Tricks.

Nicols Ruegg und Svenja Grivat zeigen Entfesselungskunst und scheinbar unmöglichen Platztausch im indischen Koffer. Ihre Präsentation besticht vor allem durch die gewählte beschwörende Art der Bewegungen und die poetisch wirkende musikalische Begleitung ihrer Arbeit.

Ganz allgemein fällt auf, wie passend die jeweilige Musik bei jeder Nummer die Arbeit der Artisten unterstützt und zu einer abgerundeten Darbietung ergänzt. Auch die junge Yana profitiert davon bei ihren Kontorsionen, die sie zum Teil auf einem kleinen Podest, aber auch raumfüllend, die ganze Manege ausnützend, stilsicher und präzis ausführt.

Was wäre ein Circusprogramm ohne Clown. Wie letztes Jahr ist es Samuel Brunaud, der im Programmablauf auch diesmal viel Platz bekommt. Dies ist auch nötig, damit sich das Publikum zwischen den anspruchsvollen Nummern entspannen kann. Samuel Brunaud besitzt ein grosses Repertoire an Ideen und Fertigkeiten. In Erinnerung bleibt zum Beispiel seine komische Golfnummer, in welcher er unter anderem mit den Golfschlägern jongliert oder sie auf dem Kopf balanciert, oder wie er sich mit Taucherbrille und Schwimmflossen bewehrt im blauen Tuch in die Höhe ziehen lässt, um eine lustige Taucherparodie zu spielen. Zusammen mit Ehefrau, Tochter und kleinem Sohn zeigt er Partnerjonglagen, die (teilweise auch in Pyramidenformationen) witzig daherkommen, so dass bei mir die Frage bleibt: War das nun eine clowneske Darbietung oder eine selbständige Jonglagenummer?

Der lange Applaus am Schluss war verdient. Noch selten habe ich einen Circus mit einem so rundum befriedigten Gefühl verlassen wie heute Abend.

Edi Ziegler