Gross ist die Betroffenheit bei der Todesnachricht von Freddy Nock. Der verwegene und tollkühne Artist, der immer wieder an die Grenzen des physikalisch Machbaren ging, ist nicht mehr. Zurück bleibt die Erinnerung an unzählige Weltrekorde und spektakuläre Acts.
Am 10. Dezember 1964 erblickte Freddy Nock als zweites Kind von Margrith und Alfredo Nock das Licht der Welt. Zusammen mit seinem älteren Bruder Pius (*1958) wurde er im Circus Nock schon früh ins Artistenhandwerk eingeführt. Im Alter von vier Jahren trat er ein erstes Mal auf dem Seil auf. Wenig später fiel ihn ein ausgebüxter Bär an und verletzte ihn lebensgefährlich am Kopf. Nur knapp entkam er dem Tod. Mehrere Monate verbrachte er im Kantonsspital Aarau. Als wäre dies nicht genug, wurde er als 7-jähriger von einem Auto angefahren.
Ende 1977 löste sich sein Vater Alfredo vom Circus Nock los und gründete im März 1978 in Rheinfelden seinen eigenen Circus Alfredo Nock. Auf dem Hochseil waren Alfredo Nock mit seiner Frau Margrith und den beiden Söhnen Pius und Freddy eine viel beklatschte Attraktion. Doch die Tournée des Circus Alfredo Nock musste nach wenigen Wochen abgebrochen werden. Und auch die darauffolgenden Reise- und Wintercircusprojekte schafften nicht den Durchbruch. Erst mit der Vermietung von Zeltanlagen für Grossevents eröffnete sich für Alfredo Nock ein profitabler Geschäftszweig mit ganzjährigen Aufträgen in ganz Europa.
Auch wenn Alfredo Nock den Schritt vom Artisten zum erfolgreichen Geschäftsmann vollzog, blieb sein Sohn Freddy dem Artistenhandwerk zeitlebens treu. Vor allem als Hochseilkünstler und im Todesrad war er ein gern gesehener Star. Als Teil der Hochseiltruppe «White Angels» gewann er am 1994 am 18. Internationalen Circusfestival von Monte Carlo einen Silbernen Clown. Dies war die Krönung seiner klassischen Artistenkarriere. Doch Freddy Nock wollte mehr. Sein Leitspruch lautete: The Sky is the Limit.»
So machte er sich weltweit vor allem auf dem Hochseil mit atemberaubenden und todesmutigen Weltrekorden einen Namen. Die spektakulären Bilder seiner Seeüberquerungen und Balanceakten auf hochalpinen Seilbahnanlagen ohne Sicherung haben sich tief in unser Gedächtnis eingeprägt. Es reihten sich Rekord an Rekord.
Seit seiner Kindheit erlebte Freddy Nock die Herausforderungen des Artistenalltags, die Ambivalenz von Scheitern und Erfolg. Diese Zerrissenheit prägte auch sein Privatleben. Aus erster Ehe mit Brigitte entstammen die vier Töchter Melanie, Stephanie, Kimberley und Antonia. 2013 ehelichte er auf dem Hochseil Ximena, die ihm den gemeinsamen Sohn Leo schenkte. Hochs und Tiefs dieser Ehe wurden in der Öffentlichkeit ausgebreitet. Freddy Nock wurde verurteilt, sass in Sicherheitshaft und wurde 2020 vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freigesprochen.
Viel zu früh hat sich nun der Lebenskreis von Freddy Nock geschlossen. Er hatte noch so viele Pläne und Projekte, die er noch umsetzen wollte. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, allen voran seinen Kindern, die ihm auch in schweren Zeiten zur Seite gestanden sind. Die Artistenwelt verliert einen Ausnahmeartisten und einen leidenschaftlichen Lebemann.
Lieber Freddy. «The Sky is the Limit». Wir vermissen Dich und sind in tiefer Trauer. Wir werden Dir ein ehrendes Andenken bewahren.
Filip Vincenz