Bei garstigem Aprilwetter feierte der Circus Harlekin am 9. April 2022 seinen 30. Saisonauftakt. Vor sehr gut besetzten Zuschauerrängen bot der Berner Oberländer Circus wie gewohnt "Ambiance und Qualität" - und zwar in erster Güte. Im Artistenensemble erleben die Besucher auf der einen Seite altbekannte Gesichter, auf der anderen Seite aber auch einige Neuentdeckungen.
Das Manegendebut feiert Sophia. Mit ihrer Voltige hoch zu Pferd gehört ihr der Programmauftakt. Erstmals in der Harlekin-Manege zu sehen, ist auch das Trio Lemon-Brothers am Korean-Plank. Mit ihren hohen Sprüngen gehen sie ans Limit. Zudem sind sie auch als Jump'n Roll mit Sprungfedern zu sehen. Ihre vier Kollegen aus derselben Truppe sind derzeit übrigens beim deutschen Circus Roncalli unter Vertrag. Die erst 17-jährige Veronika Khitsao verblüfft als Schlussnummer die Zuschauer mit ihrer eigenwilligen Handstandequilibristik. Letzten Winter verdrehte sie den Besuchern von Salto Natale sprichwörtlich den Kopf. Aufgrund der Ausreisesperre des ukrainischen Circus-Sextetts sind auch die Musiker neu. Übergangshalber ist kurzfristig ein Trio eingesprungen, das angeblich circus-unerfahren ist. Dies war dem Trio allerdings nicht anzumerken. Ob live oder im Halbplayback sorgt es in der Besetzung Keyboard, Schlagzeug, Bass/Violine für den passenden Klangteppich im Programm. Ab Ende April wird das Orchester mit Bläsern ergänzt, die derzeit noch im Winterprogramm des Circus Krone musizieren. Ein Novum ist auch Polina Tsybizova mit ihrem Gesang.
Im RE erleben die Zuschauer Alina Malko. Die vielseitige Artistin versteht es von Jahr zu Jahr, eine komplett neue Darbietung einzustudieren. Diesmal beeindruckt sie am Flying Pole. Bereits 2004 in der Harlekin-Manege war Andrzeij Romanowski. Auch nach so vielen Jahren beeindruckt der Klischnigger mit seiner Körperbeherrschung. Hector und Pierrot Rossi präsentieren im Jubiläumsprogramm teils selten gesehene Entrées. Dabei kommt auch die virtuose Musikalität der Publikumslieblinge zum Ausdruck. Direktionstochter Nicole darf in diesem Jahr wiederum die vier mächtigen Wüstenschiffe präsentieren, während Susanne Mani im Narrenkostüm eine sehr lebhafte Haustierrevue mit zwei Ochsen, Ponies, Esel und Ziegen zeigt. Im Stile eines Bajazzo ist auch Rogerio Concalves zu sehen, mit Jonglage und Devil-Sticks. Letzteres wird ihm nicht so schnell einer nachahmen. Publikumslieblinge sind auch die Ethio-Brothers. Aus den beiden Knaben sind nun Vollblutartisten geworden. Sei es als Kaskadeure, oder als Jongleure, ihre Begeisterung überträgt sich sofort aufs Publikum. Verletzungshalber noch nicht aufgetreten ist das Duo Cradle.
Das Jubiläumsprogramm begeistert vollends. Das Premièrenpublikum dankte den Artisten mit lang anhaltendem Applaus und stehenden Ovationen. Trotz nicht einfacher Rahmenbedingungen hat die Direktion um Pedro Pichler und Monika Aegerter das Maximum herausgeholt. Herzliche Gratulation zum Jubiläum und zu diesem tollen Programm.