Eine Ferienreise ins Ausland hat durchaus den Reiz, sich auch mit der ausländischen Circuskultur vertraut zu machen. So geschehen auf der griechischen Insel Kreta. Mehr durch Zufall sind wir dort dem italienischen Circo Bonaccini begegnet und durften am Abbautag der zweiten Programmhälfte beiwohnen. Die Zeltanlagen und der Fuhrpark sind modern. Zu unserem Erstaunen war in der letzten Vorstellung vor dem Abbau nur noch die rechte Gradinhälfte aufgebaut. Die linke Seite war bereits verladen. Dadurch war die Stimmung etwas «einseitig».
Die Familie Bonaccini aus Italien betreibt laut Eigenwerbung in dritter Generation Circus. Jurgen Bonaccini gründete diesen Ableger im Jahre 2017 mit seinem Geschäftspartner Ghencea Mihai in Rumänien. Seit 2022 tourt der Circo Italiona Bonaccini durch Griechenland. Auf den grossen Plakaten wird er als Aquacircus angepriesen. Die kreisrunde Bühne ist denn auch mit Wasser umspült. Zudem schiessen entlang der Bühne viele Fontänen empor. Im Chapiteau kommt modernste Licht- und Lasertechnik zum Tragen. Die Musik ab Band ist sehr rhythmisch und basslastig - und bringt etwas Discofeeling ins Chapiteau.
Wie bereits erwähnt, verpassten wir den ersten Programmteil. Der zweite Teil begann mit einer Tanzeinlage, ausgeführt von drei Damen, gefolgt von einem Fakir- und Kraftakt von Toni Nistorov. Der Artist hat nicht nur Feuer gespuckt, sondern mit blossen Händen zwei dicke Stahlnägel durch ein Holzbrett getrieben, um sie danach mit seinen Zähnen wieder aus dem Brett zu ziehen. Zwischendurch trieb ein Clown seine Spässe, indem er mit Wasserpistolen dem Publikum eine erfrischende Abkühlung bescherte. Zum Programmhöhepunkt und zugleich auch zur Schlussnummer wurde die Todeskugel auf die kreisrunde Bühne geschoben, worin drei Motorradfahrer ihr Können präsentierten.
Mit dem Finale erhoben sich die Zuschauer – nicht etwa zur Standing Ovation, sondern um das Chapiteau vorzeitig zu verlassen. Schade. Die Artisten hätten durchaus mehr Dankbarkeit verdient. Andere Länder, andere Sitten...
Text und Bilder: Filip Vincenz