47. Internationales Circusfestival Monte-Carlo - Show A

Zum 47. Mal trifft sich die internationale Circuswelt in Monte-Carlo, um sich auf Einladung der Fürstenfamilie zu präsentieren. Seit dem Tod des Festivalgründers, Fürst Rainier III., im Jahre 2005 führt seine Tochter Prinzessin S.A.S. Stéphanie den Wettbewerb im Sinne ihres Vaters weiter. Entgegen der allgemeinen Tendenz in Westeuropa hält die Festivalleitung nach wie vor an der klassischen Trilogie «(Wild-)Tiere, Clowns und Akrobaten» fest.

Ersteres zu finden, wird immer schwieriger. Sinkt die Nachfrage nach Darbietungen mit Wildtieren, fehlt dementsprechend das Angebot. Der italienische Circo Madagascar der Familie Martini hält noch an dieser Tradition fest. In einem aufwändig gestalteten Schaubild präsentiert Massimiliano Martini seine Exotengruppe, bestehend aus Lamas, Rindern, Straussen, Zebras, Kamelen, Kängurus, Ponys und Esel, sowie dem Giraffenbullen Roko und der asiatischen Elefantenkuh Baby. Auf temperamentvollen Achal-Tekkiner Pferden lassen uns die Dshigiten aus Turkmenistan an ihrer traditionellen und halsbrecherischen Reitkunst teilhaben.

Überhaupt fördert das Circusfestival in Monte-Carlo die Traditionen. Vorgängig gibt es weder einen Aufruf zu Bewerbungen, noch gibt es eine Auswahlkommission. Die Teilnahme erfolgt auf Einladung der Festivalleitung. Dabei kommen nicht selten Artistendynastien zum Handkuss, die ihre Kunst seit Jahrzehnten von Generation zu Generation übertragen. Der Balljongleur Zdenek Polach aus Tschechien gehört bereits der 8., Alan Silva an den Tüchern der 6. Artistengeneration an. Zudem stammt Steven Carroli auf dem Einrad ebenfalls aus einer sehr alten italienischen Artistendynastie. Und nicht zu vergessen das Clownduo Pastelito aus Chile. Augustin Maluenda Rios erlernte die Clownerie von seinem Vater. Zusammen mit seinem Sohn Pastelito Junior erobert das Duo die Manege nicht nur mit überschäumender Energie, sondern auch mit virtuoser Musikalität und erstaunlichen Gesangskünsten. Gegen diese geballte Ladung an südamerikanischem Temperament stiess der feine Wortwitz des Schweizerischen Duo Fullhouse im grossen Chapiteau auf weniger Resonanz.

Absolut beeindruckend sind die Flying Caballeros am fliegenden Trapez. Wenn Ruben jun., Anru und Gunther nacheinander zum Vierfachen ansetzen – ohne geringste Unsicherheit – dann ist dies eine Leistungsdemonstration sondergleichen. Einmal mehr beeindrucken auch die grossen Akrobatentruppen aus Fernost mit erstklassiger Akrobatik. Mit nicht weniger als 24 Artisten präsentiert die nationale Akrobatiktruppe Chinas eine Fahrradakrobatik mit noch nie zuvor gesehener Equilibristik. Etwas feiner aber nicht minder beeindruckend geht es mit dem Trio der Akrobatentruppe von Zhejiang zu und her. Dabei jongliert die Antipodistin Luo Danjing mit Schirmen, während ihre Untermänner sie in verschiedensten Figuren in Balance halten.

65-jährig arbeitet der Franzose Julot Etienne trotz seines Rentenalters nach wie vor auf seinem schwankenden Mast in schwindelerregender Höhe. Um einiges jünger ist das Duo Unity am Roue Cyr. Ursprünglich als Requisit für eine Person ausgelegt, eignet sich das Roue Cyr auch für einen Act im Duo. Dem kanadischen Duo Unity ist die Symbiose zwischen Tanz und Hebefiguren in einer beispiellosen Leichtigkeit gelungen. Gänzlich unbeschwert tritt auch der guineische Circus Baobab an. Mit ansteckender Lebensfreude verbindet die Truppe Bodenakrobatik mit Tanz. Die Kontorsionistik des einen Artisten geht dabei fast etwas unter.

Das Internationale Circusfestival in Monte-Carlo bietet in diesem Jahr auch wieder eine Plattform für die New Generation. Das Trio Balkanski präsentiert Rollschuhakrobatik, während eine Truppe des mongolischen Verbands der Circuskünste in fluoreszierenden Kostümen und Hoverboards die traditionelle Kontorsionistik auffrischt.

Eingebettet in ein Lichtermeer, den Dancemoves der Truppe Bingo und viel Musik ab Band wird der Circus im Fürstentum an der Côte d’Azur wie nirgendwo sonst zelebriert.

Bild und Text: Filip Vincenz