Heini Gugelmann verstorben

Am 19. November 2022 hat sich der Lebenskreis von Heini Gugelmann, Direktor des Circus Maus, geschlossen. Mit ihm ist eine schillernde, facettenreiche Persönlichkeit mit einem bewegten und spannenden Leben von der Weltbühne abgetreten. Zum letzten Mal traf ich Heini in Basel anlässlich des CVA-Sommerplausches beim Circus Monti. Da hat der Verstorbene kurz reingeschaut, um etwas mit den Circusfreunden zu plaudern. Sein wohl letztes Interview ist datiert mit 27.08.2022, welches er dem Journalisten Lars Lepperhoff für die Tierwelt gab.

Als Einzelkind in Olten aufgewachsen, besuchte Heini das Gymnasium und die Kunstgewerbeschule in Basel. Anschliessend absolvierte er eine Lehre als Landwirt, erwarb sich später das eidgenössische Diplom als Tierpfleger und war Hundetrainer.

Begonnen hat seine Karriere als Liebhaber von Raubkatzen. So reiste er dem Circus Knie und dem damaligen Tierlehrer Trubka per Autostopp hinterher. Als erstes arbeitete er dann in Holland mit Löwen. Aber auch Tiger und Pumas waren seine Manegenpartner. Längere Zeit reiste er mit Raubtieren in den USA, war auf den Philippinen, in Hongkong und in Vietnam sowie in vielen europäischen Ländern mit seinen Tieren unterwegs. Nach einem Unfall mit einem Löwen während einer Österreich-Tournée beschloss Heini, mit grossen Katzen aufzuhören und sich «kleineren Tieren» zu widmen. Deshalb gründete er 1972 den Circus Maus. Zuerst mit einem Veloanhänger und einigen Ratten bereiste er die Schweiz. Später konstruierte er einen speziellen Wagen mit abklappbarer Seitenwand. Die Wand diente als Bühne für seine Tiere. Die Haupteinnahme bestand damals durch das «Mantschen» (Hutsammlung), und dabei musste er nach der Vorstellung sehr schnell sein, damit möglichst wenige der Zuschauer ohne Abgabe eines Obolus verschwinden konnten.
Heini war auch immer wieder in TV-Shows und auf YouTube mit Videos zu sehen. So erzählte er in der Show von Kurt Aeschbacher schmunzelnd, dass er während der Gartenschau «Grün 80» in Basel nochmals mit Löwen aufgetreten sei. Die Löwen seien kurz ausgebüxt, was dem Heini bei der nächsten Basler Fasnacht bei 21 Gruppen als Sujet diente. Diese Verarbeitung des Löwen-Ausfluges sei eine grosse Ehre und Freude für ihn gewesen.

Ich erinnere mich noch sehr gut, als ich den Circus Maus zum ersten Mal gesehen habe. Bei einem Gang durch Solothurn stand auf dem Friedhofplatz, mitten in der Stadt, ein kurliges Gefährt. Oben am Dach war eine Art Uhr angebracht und darauf stand: «Nächste Vorstellung um … Uhr». Das muss Ende 1979, Anfang 1980 gewesen sein. Wir warteten also die angekündigte Vorstellung ab und waren erstaunt, was die Tiere des Künstlers alles machten. Ratten sprangen durch einen Feuerreif, Katzen und Ratten gleichzeitig auf dem Steifdraht, das Hängebauchschwein Napoleon watschelte genüsslich über die Bühne und entrollte einen roten Teppich. Der Napoleon wurde über 25 Jahre alt und genoss noch lange nach seiner aktiven Zeit im Circus Maus sein Gnadenbrot. Unzählige Tiere hat Heini Gugelmann während seiner langen Berufszeit gehalten und nach seinen Aussagen war der Unterschied bei der Arbeit mit Löwen und Hauskatzen «gar nicht so gross». Vertrauen, Aufmerksamkeit, eine sehr gute Beobachtungsgabe des Trainers und Belohnungen seien Grundvoraussetzungen für eine gelungene Arbeit.

Ein schwerer Schicksalsschlag war der Brand seines Wohnwagens im Januar 2018. Dabei starben auch ein paar seiner geliebten Tiere. Heini machte sich keine Sorgen wegen des Geldes oder des Wohnwagens. Am meisten schmerzte ihn der Verlust seiner Tiere und wie sie ihr Leben lassen mussten. Trotzdem rappelte er sich wieder auf und begann mit den übrigen und ein paar neuen Tieren, seine Arbeit aufzunehmen und weitere Auftritte zu bestreiten.

Im Gespräch mit Kurt Aeschbacher in der TV-Show antwortete Heini auf die Frage, ob denn die Pensionierung bald ein Thema für ihn werde, dass er nie pensioniert werde, sondern einfach einmal tot umfallen werde. So hat mir der Verstorbene im August noch von seinen geplanten Auftritten in Theater- und Oper-Produktionen, in Heimen und privaten Anlässen erzählt. Nun hat er sich verabschiedet und wir gönnen ihm die ewige Ruhe. Vielen Dank Heini für die vielen interessanten und unterhaltsamen Momente, welche wir mit dir verbringen durften.

Alfred Reichle

Heini Gugelmann bei Kurt Aeschbacher: https://www.srf.ch/play/tv/aeschbacher/video/heini-gugelmann?urn=urn:srf:video:97528180-487a-4a01-8a8d-0a81a6f08a74