Nach zweijähriger pandemiebedingter Zwangspause fand im Januar 2023 zum 45. Mal das prestigeträchtige Circusfestival in Monte-Carlo statt. Die Organisatoren nutzten den Unterbruch unter anderem dazu, um das Festivalkonzept zu überdenken. Die augenfälligste Neuerung war, dass das Nachwuchsfestival "New Generation" ins grosse Festival integriert wurde.
Goldener Clown
René Casselly jun., zusammen mit seiner Schwester Merrylu und Quincy Azzario gewannen verdientermassen den Goldenen Clown. Das Pas-de-trois beinhaltet artistische Höchstleistungen auf dem Rücken zweier Pferde, die seit langem nicht mehr zu sehen waren. Höhepunkt ist der doppelte Rückwärtssalto von René Casselly jun. auf dem Pferderücken.
Silberne Clowns
Nicht weniger als sechs Silberne Clowns wurden vergeben. Zu den glücklichen Gewinnern zählen die Flying Martini am Flugtrapez, die ihre Kür mit einem vierfachen Salto krönen. Die Truppe Mustafa Danguir beherrscht sowohl das doppelte Todesrad, wie auch das Hochseil mit Siebner-Pyramide. Viktoriia Dziuba beeindruckt mit einer im Adagio ausgeführten Equilibristik, zumeist im einarmigen Handstand. Wunderschön auch das Duo Secret of my soul am Luftring. Der Italiener Bruno Togni ist mit seinen 10 Tigern angereist und durfte für seine humane Dressur ebenfalls einen Silbernen Clown in Empfang nehmen. Noch humaner mutet die Pferdedressur von Alex Giona an, ebenfalls aus Italien. Mit grosser Leichtigkeit, ohne sichtbare Zeichen oder hörbare Kommandos dirigiert er seine Pferde in einer harmonisch ablaufenden Freiheit.
Bronzene Clowns
Viermal wurde Bronze vergeben. Elisa Cussadie präsentiert die Papageien von Alessio Fochesato. Dass eine Messerwerfer-Nummer neue Elemente aufgreifen kann, beweisen Alfredo Silva und Aleksane Kiedrowiez vom Duo Deadly Games. Eindrücklich, wie er die scharfen Messer selbst mit verbundenen Augen zielgenau werfen kann. Die mongolische Truppe Mystery of Gentlemen präsentierte eine Handvoltige auf Kugeln stehend, wobei hier vor allem die Körperbeherrschung der Fliegerin positiv hervorzuheben ist. Schlussendlich durfte auch die Truppe Bingo einen Bronzenen Clown in Empfang nehmen.
10. Festival New Generation
Bei den Nachwuchsartisten wurden vier Preise verteilt, waren doch auch "nur" vier Artisten zum Wettbewerb zugelassen, drei davon aus der Ukraine. Somit ging niemand leer aus. Gold gewann Améli Bilyk auf dem Schlappseil. Die Kontorsionistin Sofiia Hrechko und Vladyslava Naraieva mit Handstandequilibristik gewannen je silber. Letztere war letzte Sommersaison im Zirkus Stey zu sehen. Bronze ging schliesslich an die Spanierin Kimberly Zavatta an den Strapaten.
Schweizer Teilnehmer am Festival
Die Schweiz war ebenfalls in Monte-Carlo vertreten. Zum einen verzauberte Peter Marvey das Publikum mit seinen normalerweise auf Bühnen präsentierten Illusionen. Den Transfer in den Circus war ein anspruchsvolles Unterfangen. Obwohl seine Fingerfertigkeit bei den Kartentricks virtuos ist, seine selber ausgetüftelten Illusionen einzigartig, erzielte seine Magie im Publikum nicht die erhoffte Begeisterung für seine Kunst. Mehr als ein Sonderpreis lag nicht drin. Mehrere Sonderpreise durfte hingegen Kris Kremo in Empfang nehmen, der schon zum 4. Mal am Festival teilnahm. Synchron mit seinem Sohn Harrison präsentierte der Gentleman-Jongleur seine bekannte Jonglage mit Bällen, Hüten und Kisten. Und schliesslich durfte der Kapellmeister Vladimir Jäggi diejenigen Nummern musikalisch umrahmen, die nicht ab Band eingespielt wurden.
Wer sonst noch auffiel
Am Young Stage Festival 2019 übergab der CVA seinen Sonderpreis dem kubanischen Duo Dust in the Wind. Für dieses Duo war die Einladung nach Monte-Carlo eine grosse Ehre. Der amerikanische Einrad-Artist Wesley William beeindruckte unter anderem mit seinem rund 9 Meter hohen Einrad. Und schliesslich sorgte das ukrainische Clowntrio Eyuivokee mit viel Publikumsbeteiligung für viele heitere Momente in der Manege.
Monte-Carlo ist und bleibt wohl der wichtigste Artistenwettbewerb der Welt. Er ist ein Ort, wo sich Artisten und Circusbegeisterte begegnen und austauschen können. Daher gebührt den Festivalorganisatoren unter der Präsidentschaft von S.A.S Prinzessin Stéphanie von Monaco grosser Dank.
Text und Bilder: Filip Vincenz