La Poesia 2016

Eine Hand voll auserlesener Artisten, ein Komiker, ein Zauberer, eine Sängerin und eine kleine Band - mehr braucht es nicht, um Kleinkunst auf höchstem Niveau zu bieten.

Bewiesen hat dies das Team von La Poesia - Kleinkunst im Labor am 1. Februar 2016 - und die Fangemeinde dieser aussergewöhnlichen Veranstaltung wuchs erneut an. 
Etwa dreimal pro Jahr bringt Initiant und Zauberer Jamil Tafazzolian seine Freunde aus der Kleinkunstszene in Kurt Aeschbachers Labor Bar in Zürich und stellt innerhalb eines Tages eine knapp 70 minütige Show zusammen. Nur einmal wird diese aufgeführt - umso mehr gilt es den flüchtigen Moment zu geniessen. Die Künstlerinnen und Künstler treffen am späten Morgen in der Labor Bar ein und lernen sich kennen. Jeder der Künstler bringt sein Können und seine Ideen mit und erarbeitet dann innert wenigen Stunden zusammen mit den ebenfalls bunt zusammengewürfelten Musikerinnen und Musikern eine eigenständige Version seiner Darbietung. Dazu noch etwas Licht, Zauberei vom Gastgeber und fertig ist das Erfolgskonzept.

In der fünften Ausgabe sorgte die erst 19-jährige Sängerin Naomi Biaduo mit ihrer kräftigen und souligen Stimme für Gänsehaut. Sie präsentierte begleitet von der Band bestehend aus Ali Salvioni (Perkussion), Ariel Rossi (Gitarre) und Roger Greipl (Saxophon) einige Songs und begleitete auch oft die Artisten mit ihrem Livegesang. Aus der kleinen aber feinen Nouveau Cirque Szene der Schweiz stammt Finn Jagd Andersen, der mit einer langsamen und harmonischen Darbietung am Vertikaltuch überzeugte. Dabei präsentierte er viele selten gesehene Figuren, wie etwa eine Art Salto innerhalb der beiden Stoffbahnen und einen spekakulären Abfaller zum Schluss. Die zweite Luftnummer des Abends steuerten Suren & Karina an den Strapaten bei. Normalerweise schweben die beiden jungen und kräftigen Artisten in grosser Höhe durch die Luft, zuletzt beim Cirque du Soleil (Amaluna), bei Wings oder beim Cirque de Demain, dessen Plakatmotiv sie heuer zierten. Bei La Poesia haben sie aufgrund der engen Platzverhältnisse Ausschnitte aus ihrer Show nah über dem Boden gezeigt. Kraft, Beweglichkeit und Präzision machten diese Mischung aus Partneraktrobatik und Straps-Artistik zu einem aussergewöhnlichen Erlebnis. 

An die engen Platzverhältnissen - die Bühne misst vielleicht 2.5 auf 3.5 Meter - musste sich auch Jongleur Mario Muntwyler vom Circus Monti erst gewöhnen. Es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Sicherheit der junge Wohlener mit seinen Keulen Wurfmuster in die Luft zeichnet. Natürlich durfte sein Spezialtrick, das Auffangen der Keule am dünnen Ende auf dem dünnen Ende einer weiteren Keule nicht fehlen. Die gezeigte Darbietung war für Mario eine Premiere, wie er uns im Gespräch nach der Show sagte. Und diese glückte vollends, denn zuletzt jonglierte Mario mit sieben Keulen und ebenso mit sieben Ringen auf engstem Raum! Für die Magie zuständig ist stets der Gastgeber selbst, der auch als Conférencier durch den Abend führte. Mittels Mentalmagie erriet er etwa den Lieblingssong eines Zuschauers, der zuvor auf einen Zettel geschrieben wurde - verblüffend. Und damit das Publikum reichlich zu lachen hatte, sorgte Charles Nguela für freche Sprüche. Der Shootingstar der Stand-up Comedy spielte mit Klischees, nahm kein Blatt vor den Mund und bildete den willkommenen Kontrast zu den poetischen Darbietungen der Artisten.

Fazit: Abwechslungsreich, faszinierend, beeindruckend und überrasschend zu gleich, so präsentierte sich auch die fünfte Ausgabe von La Poesia - Kleinkunst im Labor. Wir freuen uns auf die nächste Show!

Text: Randy Scheibli, Fotos: Barbara Bamberger