Premierengeflüster Salto Natale "Traumfänger"
Es ist ein berührender Moment, als Rolf Knie im Finale der Salto Natale Premiere gegen den Himmel schaut und mit feuchten Augen zu seinem verstorbenen Vater sagt, dass der Circus nun in die Hände der nächsten Generation übergeht, die das Erbe in seinem Sinn weiterführe.
Das Publikum applaudiert und zeigt damit, dass es mit den Worten einverstanden ist, denn Gregory Knie hat zusammen mit seinem Team erneut eine wunderbare und bunte Produktion geschaffen, die zum Träumen einlädt. Schön, dass er auch in Zukunft Salto Natale produzieren wird, und dass Rolf Knie ihm mit Rat und Tat in beratender Funktion zur Seite steht.
Traumfänger heisst die neue Show, in der sich alles um Träume dreht. Der lose rote Faden bildet der an Kinderlähmung erkrankte Artist Dergin Tomak. Zu Beginn der Show sitzt er im Rollstuhl und wünscht sich, auch über die Bühne tanzen zu können - so wie seine Kollegen vom grossen Salto Natale Ballett unter der Leitung von Fidel Buika und die beiden Animateure. Im wahren Leben ist dies Dergin gelungen, hat er sich doch mit grossem Einsatz das Laufen an Krücken beigebracht. Und so wird er im zweiten Programmteil zum Breakdancer auf Krücken, der mit aussergewöhnlichen Moves das Publikum zum Kochen bringt. Dazu bei trägt wiederum die moderne Musikwahl von Giorgina Hauser, die durch das Orchester von Edgar Schmid und allen voran durch den vielseitigen Sänger Patric Scott erstklassig umgesetzt wird. Patric Scott ist bekannt von vielen Musicals und als Bewerber für den Eurovision Song Contest und macht auch im Circusdirektoren-Outfit eine gute Figur. Mit seiner kräftigen Stimme begleitet der Künstler aus Gams viele der Darbietungen live und hat auch eigene Solo-Autritt, bei denen er aus seinem breiten Repertoir schöpft.
Traumfänger bietet einige Neuentdeckungen. Etwa die Pyongyang Group, welche die russische Schaukel mit Akrobatik am Hochreck verbindet und mit riskanten Sprüngen und mehrfachen Salti für stockenden Atem beim Publikum sorgt. Blizzard Concept wiederum nennen sich zwei Franzosen, die mit fliegenden Bällen (dank mehreren Haartrocknern) für einen Schneestrum und viel Klamauk sorgen. Ob eine Schusszene mit Waffe in diesen Zeiten allerdings notwendig ist, muss jeder für sich entscheiden. Schräg und äusserst komisch war die Darbietung auf alle Fälle. Für einen aussergewöhnlichen Effekt sorgt auch Sergey Novikov an den Strapaten: Mehrmals lässt er sich aus grosser Höhe auf eine Matte fallen, während dem er zuvor zahlreiche Drehungen gezeigt hat. Die Shandong Group wiederum bietet faszinierende ikarische Spiele auf mehreren Ebenen.
Zum Träumen laden die Darbietungen der Palma Aguirre-Schwestern aus Chile ein. Catalina verbiegt ihren Körper in einer kraftvollen Handstandkür in verschiedene Posen und besticht mit technischer Sicherheit und Finesse. Camila zieht die Blicke dafür hoch unters Chapiteau und weiss mit Drehungen und Abfallern am Schwingenden Trapez zu gefallen. Die waghalsige Darbietung gewinnt zusätzlich durch die starke Ausstrahlung der hübschen Artistin. Romantisch und verträumt ist auch die Hand auf Hand Darbietung des Duo Olya & Denys, welche die verletzungsbedingt ausgefallenen Meleshin Brothers auf der Rola Rola ersetzen.
Zwei Darbietungen sind bereits zum zweiten Mal bei Salto Natale und zählen auch dieses Mal zu den Publikumslieblingen: Die Cat Wall Acrobats haben erneut zwei Trampolins mit Glashaus in der Mitte mitgebracht, auf und über das sie gewagte Sprünge zeigen und für Stimmung sorgen. Die Komiker Sutter & Pfändler wiederum greifen mit ihren Parodien unter anderem von Hausi Leutenegger die Zwerchfell-Muskulatur der Zuschauer an und lassen kaum ein Auge trocken.
Und so wird im Foyer, das abermals neu und im Jahrmarkt-Stil dekoriert ist, noch lange über das bezaubernde Programm Traumfänger philosophiert. Dabei ist man sich in einem Punkt einig: Es lohnt sich, den Mut zu haben, seine Träume zu realisieren, denn nur so können wunderbare Dinge entstehen!
Text: Randy Scheibli
Fotos: Barbara Bamberger