30 Jahre Cirque de Noël in Genf

Sind tatsächlich 30 Jahre vergangen, seitdem die Familie van Gool-Nock in Genf mit ihrem Cirque de Noël begonnen hat? Das grosse Unternehmen ist einwandfrei, sauber und grosszügig auf der Plaine de Plainpalais aufgebaut. Die Atmosphäre bereits im Vorzelt gemütlich, gut geheizt und lädt zum Verweilen ein. Bestückt ist das Innere mit vielen grossen Fotos aus früheren Jahren. Einige Bilder sind noch aus der Arena- und Circus-Zeit des Circus Nock. Die Mehrzahl zeigt die Familie van Gool bei ihren Auftritten. So z.B. Linda am Trapez, Kid Bauer mit seinen Raubtieren. Adrian van Gool senior mit seinen Elefanten u.v.m. Da kommen wunderbare Erinnerungen aus vergangenen Jahren hoch. Die Zeit verfliegt wie im Flug und so kann die Familie van Gool in dieser Spielzeit 2022 bereits ihre 30. Produktion in Genf dem Publikum vorstellen. Dies mit sehr grossem Erfolg. Wir besuchten am 21. Dezember 2022 die Freunde in Genf und konnten vor ausverkauftem Haus die Vorstellung geniessen. Das zehnköpfige Circus-Orchester begleitet die Artistinnen und Artisten präzise und gekonnt als hervorragender Klangkörper durch ihre Auftritte, ergänzt durch eine Sängerin.

Eröffnet wird die Show durch das achtköpfige Circusballett, welches bereits beim ersten Auftritt in wunderschönen Kostümen und schöner Choreographie einen Hauch von Moulin Rouge-Ambiance nach Genf zaubert. Dies gilt auch in der Folge für alle Auftritte der Damen – immer hervorragend in aufwändig gearbeitete Kostüme gekleidet, sich elegant choreographiert bewegend, sind sie nicht nur «Dekoration», sondern eine echte Bereicherung für die Show. Artistisch ist die erste Programmnummer bereits ein Hingucker von hoher Qualität. Das Duo Lilien et Marie zeigt am Haltestuhl beeindruckende Schwünge und Flüge, ein würdiger Auftakt für ein generell hochstehendes Circusprogramm. Eine wohl einmalige und grosse Freude war auch, die Clown-Familie Rossi als Trio zu erleben. Den Circusfreunden der Schweiz ist die Familie Rossi seit vielen Jahren durch ihre Gastspiele bei Knie, Nock und die letzten Spielzeiten beim Circus Harlekin wohlbekannt. Aber noch nie konnte man Vater Maurin zusammen mit seinen beiden Söhnen Viktor und Pierre vereint in einer Manege erleben. Viktor, im 2022 mit dem Circus Starlight in der Schweiz unterwegs, feiert grosse Erfolge als Solo-Clown und ist 2023 bereits ausgebucht. So war es eine wunderbare Fügung, dass sich in Genf die Gelegenheit ergab, mit seinem Vater und jüngeren Bruder im Cirque de Noël aufzutreten. Das Trio harmoniert sehr gut und auch die Soloauftritte von Viktor kommen beim Publikum sehr gut an. Andrea Ayala arbeitet auf einem schönen Requisit ihre Handstand-Equilibristik und das Duo Belli bringt mit ihrer Rollschuhdarbietung viel Schwung in die Manege. Den ersten Teil beschliesst die Truppe Rodriguez auf dem Hochseil mit Sprüngen über Partner, diversen Seilquerungen und einer Dreierpyramide.

Auch im zweiten Teil hält das Orchester seine Spitzenqualität aufrecht und ist ein echter Klanggenuss mit eingängigen Melodien und in der Lautstärke angenehm. Nach ein paar Jahren auf Tourneen in ganz Europa ist erfreulicherweise Gengis, der ältere Sohn von Adrian van Gool wieder in das Familienunternehmen zurückgekehrt. Seine Armbrustnummer, vorgeführt zusammen mit einer Partnerin, ist zwar kurz aber äusserst eindrücklich und enthält nebst ein paar Einzelschüssen der beiden auch den Serien-Schuss auf einen Ballon über den Köpfen der beiden. Optisch gut inszeniert ist auch der Schuss durch acht, durch das Ballett aufgestellte Ballone. Den fulminanten Abschluss bildet die Flugtrapez-Darbietung der Truppe Rodriguez, welche im ersten Teil bereits die Hochseilnummer zeigt. Es ist herrlich, wieder einmal ein Fliegendes Trapez in der Schweiz zu sehen. Die drei Herren und eine Dame arbeiten präzise und zeigen nach dem problemlos ausgeführten Dreifachsalto zum Abschluss die Doppelpassage. Alles sieht so einfach und spielerisch aus, dass der Schwierigkeitsgrad des Gezeigten sehr oft unterschätzt wird. Das ist richtig und gut so! Der Circus soll ja unterhalten und uns die alltäglichen Probleme und schwierigen Zeiten vergessen machen, uns wenigstens für einen Moment eintauchen lassen in eine harmonische Welt. Der Circus mit seinen Protagonisten aus aller Welt, mit unterschiedlichsten Weltanschauungen, Religionen und politischen Ansichten zeigt uns im Kleinen immer wieder, dass trotz der Unterschiede eine friedliche und gute Koexistenz möglich ist.

Der Familie van Gool und allen Mitwirkenden gratuliere und danke ich ganz herzlich für die gebotene Weihnachts-Show und wünsche weiterhin viel Erfolg und alles Gute für die kommenden Jahre.

Tickets und Infos: https://www.cirque-de-noel.ch/

Alfred Reichle

Bilder ab der Website des Cirque de Noël